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Wer dient hier wem?

Neulich in einer Werbeagentur. Die Chefin fragt eine ihrer Mitarbeiterinnen: „Du, sag mal, Julia, dienst du eigentlich der Agentur?“ „Meinst du, ob ich ihr nutze?“, fragt die Angesprochene irritiert zurück. Hastig antwortet die Chefin: „Natürlich nutzt du der Firma, das weiß ich nur zu genau und dafür schätze ich dich auch außerordentlich. Aber ich meinte das wirklich im wahrsten Sinne von Dienen.“ Julia überlegt einen Moment, eh sie dann sagt: „Nö, ich arbeite hier nur.“

Diese kurze Begebenheit macht zumindest zwei Dinge deutlich. Zum einen ist das Wort „dienen“ in unserer Sprachwelt mehrdeutig, und zum anderen können wir in „jemandes Diensten“ stehen, ohne gleich zu dienen. Im deutschen Wiktionary finden sich für das Verb „dienen“ die Bedeutungen: in untergeordneter Stellung für jemanden arbeiten; einer Sache von Nutzen sein; eine bestimmte Verwendung finden; beim Militär arbeiten1. Sich bei diesen Definitionen für das Dienen zu begeistern scheint nicht einfach. Soll das trotzdem geschehen, muss es bei der Tätigkeit um mehr gehen als um den reinen Broterwerb. Dienen ist mehr, als für jemanden zu arbeiten. Zumindest nach meinem Verständnis erfordert das Dienen ein Engagement, das über ein „normales“ Arbeitsverhältnis hinausgeht.

Meines Erachtens tun Pfleger und Schwestern in unzähligen Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen einen solchen Dienst. Trotz Zeitnot und Stress versuchen sie bei all dem, was an Arbeit ansteht, den Menschen nicht aus dem Blick zu verlieren, immer wieder ein freundliches Wort und ein Lächeln übrig zu haben. Das hilft vor allem jenen, die alleine sind. Wo keine Familie da ist, die den Vater, Opa, Bruder oder die Schwester, Oma, Mutter besuchen kommen kann. Sie sind ganz besonders auf die Aufmerksamkeit und Zuwendung der diensttuenden Schwestern und Pfleger angewiesen.

Auch Lehrerinnen und Lehrer sehe ich einen solchen Dienst tun. Bei vollen Klassen und ganz unterschiedlichen Erschwernissen versuchen sie sich trotzdem Zeit für jedes einzelne Kind zu nehmen. Sie versuchen den Kindern so viel beizubringen, wie es nötig ist, um in dieser Welt zurechtzukommen. Und das ist in unserer immer komplexer werdenden Welt wirklich viel. Unabhängig von der Herkunft sehen sie die Kinder als das, was sie sind: unsere Zukunft.

Und ich sehe da die Frauen und Männer im Quartiersmanagement einen solch Dienst tun. Wir können sie erleben, wenn sie trotz vielschichtiger Probleme versuchen, im Problemkiez ein friedliches Miteinander zu gestalten. Das Zusammenleben in großen Städten, wie zum Beispiel Berlin, ist geprägt davon, dass sich das Wohnumfeld ständig verändert. Wo gestern noch ein beschauliches Wohnen möglich war, gibt es heute durch neu Hinzugezogene einiges an Konfliktpotential. Da braucht es Menschen, die sich für ein gelingendes Miteinander einsetzen.

Die Beispiele ließen sich noch um ganz viele ergänzen, davon bin ich überzeugt. Im Mittelpunkt stehen aber immer Männer und Frauen, die sich bei dem, was sie tun, besonders engagieren, weil sie von der Sinnhaftigkeit ihres Tuns überzeugt sind. Wer sein Tun als „Dienst“ begreift, hat das Wohl des anderen mindestens genauso im Blick wie das eigene.

Dient dem Herrn allein

In 1. Samuel 7,3 werden wir aufgefordert, unser Herz Gott zuzuwenden und ihm alleine zu dienen. Sollen uns die Worte von den vorgenannten Beispielen wegführen? Sollen sie uns aufzeigen, dass wir mit unserem Engagement für andere falsch liegen?

Nein ganz sicher nicht. Dieser Vers aus dem Alten Testament ist in eine Situation hineingesprochen, in der sich die Menschen vielen anderen Göttern und Götzen zuwendeten. Vergleichbar mit unserer Zeit wird der Vers, wenn wir schauen, wie die Götzen unserer Tage aussehen. Da scheint das Posten des letzten Einkaufs über das Handy für eine Mutter interessanter zu sein als ihr Kind, das neben ihr im Bus sitzt. Für viele ist eine gute Entwicklung des Börsenindexes wichtiger als die menschlichen Nöte in einem der unzähligen Kriegsgebiete auf unserer Erde. Was auch immer den ersten Platz in unserem Leben beansprucht – sei es Geld, Erfolg oder Anerkennung bei anderen – kann zum Götzen werden.

Von diesen aus christlicher Sicht falschen Prioritäten will uns der Vers abbringen. Der Vers will unseren Blick vielmehr auf das lenken, was die richtige Priorität in unserm Leben sein soll – Gott selbst.

Mir persönlich tut es gut, mich mehr für Menschen zu interessieren als für Börsennotierungen. Mehr etwas über das persönliche Ergehen von Freunden zu erfahren, als genau zu wissen, wie technischer Schnickschnack funktioniert. Auch bin ich davon überzeugt, dass ich mehr Freude an meiner Arbeit habe, seit ich sie als einen Dienst an anderen verstehe. Nach meinem Verständnis diene ich damit auch Jesus Christus, meinem Herrn.

Im 25. Kapitel des Matthäus-Evangeliums heißt es, dass alles, was wir unserem Nächsten tun, etwas ist, das wir Jesus Christus tun. Uns für andere zu engagieren, uns einzusetzen, und das mit ganzem Herzen, ist also ein Dienst, den wir nicht nur unserem Nächsten tun, sondern auch Jesus Christus, unserem Herrn. Auf die Art wenden wir ihm unser Herz zu.

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