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Warum ich in der Kirche bleibe

In Deutschland sind 2019 mehr als 500.000* Menschen aus den beiden Groß-Kirchen ausgetreten. Das ist eine hohe Zahl an Menschen, die hier einen Schluss-Strich gezogen haben. Auch wenn jeder Austritt eine persönliche Entscheidung ist, gibt es doch Entwicklungen in den Kirchen und unserer Gesellschaft, die viele Menschen nicht mehr mitgehen wollen.

  • Warum ich in der Kirche bleibe

Gründe gäbe es viele

Manchem geht es ums eigene Geld. Sie wollen ganz praktisch Kirchensteuer sparen und damit das monatlich verfügbare Einkommen erhöhen. Sie machen damit deutlich, dass der Glaube und damit die Kirche für ihr Leben keinen Wert mehr haben.

Andere haben grundsätzliche Probleme mit den Kirchen. In vielen Entwicklungsländern ist das Bevölkerungswachstum eines der größten Probleme der Gegenwart und der Zukunft. Dennoch wird von manch offizieller kirchlicher Seite die Empfängnis-Verhütung als nicht passend zum christlichen Glauben verkündet.

Etlichen ist der Umgang mit dem Geld in den Kirchen ein Dorn im Auge. Auf der einen Seite besitzen einige Kirchen ein beachtliches Vermögen. Auf der anderen Seite werden Pfarrstellen reduziert und die Budgets für soziale Projekte gekürzt.

Andere wiederum tun sich schwer mit der Stellung einiger Kirchen zu gesellschaftlichen Themen, wie zum Beispiel im Umgang mit homosexuellen Menschen. Auch der Umgang mit Missbrauchsfällen in der Vergangenheit hat Vertrauen verspielt.

Dass Menschen sich von der Kirche abwenden, weil sie mancherorts die Unterschiede wahrnehmen zwischen dem Anspruch der Kirchen für die Menschen da zu sein und der Wirklichkeit, kann ich verstehen. Auch wenn das Bild von »der Kirche« nicht gerecht sein kann. Weil die Christenheit in Großkirchen, Freikirchen und lokale Gemeinden unterschiedlicher Glaubensrichtungen aufgegliedert ist, die keineswegs alle einer Meinung sind. In vielen konkreten Fällen werden die Vorwürfe ungerecht erscheinen. Dennoch müssen wir akzeptieren, dass Kirche von außen undifferenziert wahrgenommen wird.

Auch wer dabei bleibt, findet Kritikpunkte

Auch wenn einen diese Kritikpunkte an Kirche nicht davon abhalten, sich zu einer Kirche zu bekennen und sich in einer Gemeinde zu engagieren – leicht ist es dennoch nicht immer. Egal ob die Mitarbeit im Gemeindevorstand oder in übergeordneten kirchlichen Gremien geschieht. Manchmal unterscheiden sich die Sitzungen in meiner Kirche in ihrer Art und Weise nicht sonderlich von der Arbeitsweise einer politischen Partei oder eines Kleintierzuchtvereins. Es wird gestritten und gerungen und es dauert manchmal scheinbar endlos lange, bis wir uns auf einen gemeinsamen Beschluss geeinigt haben. Was hat das eigentlich noch mit Kirche zu tun? Brauche ich meine Kirche wirklich, um meinen Glauben an Jesus Christus leben zu können? Was wäre denn anders, wenn es Kirche nicht mehr gäbe oder ich aus der Kirche austreten würde?

Als Antwort rast mir erst einmal eine große Leere durch den Kopf. Alles wäre anders. Ich säße plötzlich auf der Straße. Kein Ort mehr da, wo ich am Sonntag Gottesdienst feiern kann. Wo ich auf andere Menschen treffe, die meinen Glauben teilen und mit denen ich mich verbunden weiß. Auf meine Pastorin müsste ich verzichten. Damit wäre niemand mehr da, der oder die mir theologisch fundiert die Bibel auslegen kann.

Mühsam wäre es, Gleichgesinnte zu finden, mit denen ich meinen Glauben teilen könnte. Irgendwie würde es mir bestimmt gelingen, dass ich Menschen mit gleichen Interessen finde. Und sei es dadurch, dass wir miteinander über das Kreuz an der Halskette ins Gespräch kommen. So finde ich bestimmt einige, mit denen ich gemeinsam in der Bibel lesen kann, mit denen ich mich darüber austauschen kann, wie mich mein Glaube im Alltag begleitet. Auch das Füreinander-Dasein, Zuhören und miteinander Beten wäre auf alle Fälle möglich. Und Lieder, die wir gemeinsam singen, gäbe es sicher auch. Brauche ich denn mehr?

Ja, das tue ich. Ich brauche etwas Größeres, an dem ich mich orientieren kann. Ich benötige ein theologisch fundiertes Glaubensgerüst, das mir auf der einen Seite Orientierung gibt und mir auf der anderen Seite den Raum lässt, an und in ihm zu wachsen. Ohne dieses Gerüst, wäre ich schnell dabei, mir den Glauben so zurechtzulegen, wie es mir gerade gefällt; so wie es für mich am bequemsten ist.

Größe kann für eine starke Gemeinschaft stehen

Jetzt könnten Sie mir entgegnen, dafür sei doch keine große Kirche erforderlich. Da genügt schon eine kleine lokale Gemeinde. Doch was ist denn eine Gemeinde anderes, als eine Kirche im Kleinen? Es gibt eine Leitung und Menschen, die verschiedene Aufgaben übernehmen. Umso größer die Gemeinde ist, umso mehr Formelles hält Einzug. Das liegt wohl in der Natur der Sache. Es scheint, dass größere Zusammenschlüsse von Menschen entsprechend organisiert werden müssen, damit die Einheit erhalten bleibt und das gemeinsame Ziel verfolgt werden kann.

Größe hat für mich einen entscheidenden Vorteil. Eine große Gemeinschaft macht stark und kann mehr ausrichten, als eine einzelne Person. Gerade wenn es darum geht, für andere Menschen da zu sein, spielt Größe durchaus eine Rolle. Vieles im sozialen Bereich in Deutschland und in der Welt, ist ohne Kirche nicht denkbar. So unterstützen beispielsweise die Missionswerke vieler Kirchen weltweit unzählige Projekte, um den Menschen vor Ort das Evangelium in Wort und Tat nahe zu bringen. Dafür informieren sie die Menschen in den Gemeinden, sammeln Spenden für ganz unterschiedliche Projekte und senden Pastoren und Pastorinnen in die Länder, um Projekte zu begleiten. Solch eine Unterstützung ist nicht denkbar, wenn sich nicht mit der Kirche eine starke Gemeinschaft finden würde, die sich für andere einsetzt. So sind wir mit Menschen in fernen Ländern verbunden und können helfen. Kirche hat also etwas für sich. Nicht immer klaffen Anspruch und Wirklichkeit auseinander. Es ist mitunter die Frage, wohin ich meinen Blick richte.

Ich nehme wahr, dass in den Kirchen nicht alles gut läuft. Öfters nicht so, wie es von Christen erwarten werden darf. Aber es gibt auch viel Mutmachendes. Eins weiß ich aus eigener Erfahrung: ich kann Dinge nur ändern, wenn ich mich selbst einbringe. Das ist mühsam, anstrengend, Nerven aufreibend und manchmal werde ich sogar verletzt. Doch ich meine, es lohnt sich, das auszuhalten. Gilt es doch Jesus nachzufolgen und unseren Nächsten genauso zu lieben wie mich selbst.

*Quelle: www.kirchenaustritt.de/statistik

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