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Genießen mit gutem Gewissen

»Junge, du sollst nicht mit einem hungrigen Magen einkaufen gehen!« Aus fernen Winkeln meines Gedächtnisses dringen mir die Worte meiner Mutter ins Bewusstsein. Es ist einer jener Sätze, die einem Eltern mit auf den Weg ins Leben geben und die wir, die ich, regelmäßig vergesse. Leider.

Leider, weil ich wieder einmal mit einem vollen Einkaufswagen die Kasse im Supermarkt passiere und überlege, wen ich alles zum Essen einladen muss, damit die ganzen Lebensmittel nicht verkommen. Dabei wollte ich eben mal nur schnell ein paar Kleinigkeiten einkaufen, weil ich eh grad unterwegs war.

Aber mein hungriger Magen war da anderer Meinung. Scheinbar automatisch und ohne Widerstand zu leisten, verschob sich meine Wahrnehmung. Großflächige Plakate mit sportlichen Menschen, idyllischen Landschaften, glücklichen Kühen, spielenden Kindern und Welpen zogen meine Aufmerksamkeit auf sich. Zufällig eingestreute »Schlüsselwörter« wie »BIO«, »gesund«, »Omega3«, »natürlich« und vor allem »Dauertiefpreis« scheinen Botenstoffe in meinem Gehirn frei zu setzen, die den Jäger aus vergangenen Tagen in mir zum Leben erweckten. Als solcher kannte ich nur ein Ziel: hin zum nächsten Regal und die bunt verpackte Beute »erlegen«.

Dabei sind der volle Einkaufswagen und das leere Portemonnaie gar nicht mal das Schlimmste an der Sache. Wesentlich ärgerlicher finde ich es, dass die kritische Auswahl von dem, was in meinem Einkaufswagen landet, unterbleibt. Das »Jagen« reduziert sich auf bunt und billig. Mit diesem Verhalten schade ich mir nicht nur selbst, sondern auch anderen und der Umwelt.

Wir leben in einer Zeit, in denen Unternehmen immer öfter nur eine möglichst hohe Rendite erzielen wollen. Klar, Unternehmen sind schon immer am Gewinn interessiert gewesen, das müssen sie schon deshalb sein, um ihr Unternehmen weiter entwickeln zu können. Doch um die Margen zu erhöhen, muss immer billiger produziert werden. Im Lebensmittelbereich helfen dabei Zusatzstoffe. Ein gutes Beispiel für den vermehrten Einsatz sind die »Backstuben«, die sich mittlerweile in fast allen Supermärkten finden. Um ein knuspriges Brötchen oder einen leckeren Brotlaib präsentieren zu können, werden (ganz legal!) bis zu 20 Substanzen hinzugefügt. Diese beschleunigen z.B. den Vorgang der Teigreife, denn Zeit ist Geld.

Ein kritisches »Bauchgefühl« ist nötig

Wäre ich beim Einkauf kritisch gewesen, hätte ich mich weniger von den Bildern und der Farbe der Verpackung oder dem verlockenden Duft nach frisch gebackenen Brot beeinflussen lassen, sondern mehr von der Liste der Inhaltsstoffe. Ganz sicher wären dann andere Sachen im Einkaufswagen gelandet. Wo für mich erkennbar wird, dass chemische Zusätze die natürlichen Bestandteile überwiegen, tue ich gut daran, die Finger wegzulassen. Zusätzliche Polster auf der Hüfte sind da langfristig wohl das geringere Problem. Aber auch bei dem, was in seiner ursprünglichen Form daher kommt, tut ein zweiter Blick gut. Brauche ich denn tatsächlich ganzjährig Erdbeeren, Himbeeren oder andere Früchte, die bei uns nur im Sommer wachsen? Ist es mir wirklich wichtig, Fleisch möglichst billig einzukaufen?

Nachhaltigkeit und ökologische Verträglichkeit stehen meist einer effektiven Produktion und hohen Renditen unversöhnlich gegenüber. Daher bevorzugt die Landwirtschaft Monokulturen, die immer mehr an chemischen Zusatzstoffen benötigen und dabei den Boden auslaugen. Wenn ein Landstrich nicht mehr bewirtschaftet werden kann, werden neue Flächen z. B. durch Rodung von Regenwald gewonnen. Doch das geschieht weit weg und ist nicht täglich in den Nachrichten zu sehen. In Deutschland gibt es Ansätze, nachhaltig zu wirtschaften, z. B. durch unterschiedliche Fruchtfolgen.

Auch Fleisch wird nicht immer so erzeugt, dass es dem Tier dabei bis zum Schluss gut geht und die Natur dabei keinen Schaden nimmt. Das Bild des »glücklichen« Schweins auf der Wurstverpackung hat nur selten etwas mit den tatsächlichen Lebensumständen zu tun. Die Intensivtierhaltung stellt besondere Herausforderungen in den Bereichen der Tiergesundheit, der Abfallentsorgung sowie dem Wasser- und Energieverbrauch. Diesen Herausforderungen stellt sich das Fleisch produzierende Gewerbe in sehr unterschiedlichem Maße.

In Deutschland gibt es auch an dieser Stelle Ansätze für ein Umdenken. Die Anstrengungen, z.B. die Nutzung von Antibiotika zu reduzieren zeugt davon. So ist die prophylaktische Antibiotika-Behandlung von Tierbeständen nicht mehr zulässig. Doch auch wenn rechtliche Bestimmungen eingehalten werden, heißt das nicht, dass damit der Würde des Tieres und dem Wohl der Umwelt genüge getan ist. Berichte im Fernsehen oder auch die Studie des Umweltbundesamts zeigen sehr eindrücklich wo noch mehr Einsatz erforderlich scheint. In diesem Zusammenhang ist dann auch der Blick über den nationalen Tellerrand nötig. Warum werden bspw. Mastbetriebe bei uns subventioniert, die dann ihre Überschüsse nach Afrika exportieren und vor Ort den heimischen Markt durch Billigpreise zum Erliegen bringen?

Ökofairer Einkauf und Konsum

Der verantwortungsvolle Umgang mit den Ressourcen dieser Welt ist unabhängig von Glaube und Religion. Für Christen und Christinnen ist der achtsame Umgang mit Gottes Schöpfung allerdings kein Hobby sondern Auftrag. Bereits auf den ersten Seiten der Bibel, im Alten Testament, kann nachgelesen werden, wie Gott die Erde schuf und den Menschen beauftragte: »Gott der Herr nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte« (1. Mose 2,15). Das Bebauen und das Bewahren gehören eng zusammen. Damit gewährleisten wir, dass wir mit der Erde, die allen Menschen als Lebensraum dient, achtsam umgehen und für zukünftige Generationen bewahren.

Was kann ich persönlich tun?

Traditionell wird Ende September Anfang Oktober in den christlichen Kirchen das Erntedankfest gefeiert. Eine gute Gelegenheit, sich Gedanken über das eigene Kauf- und Konsumverhalten zu machen und erneut darüber nachzudenken, was der Schöpfungsauftrag »bebauen und bewahren« für uns Menschen heute und in Zukunft bedeutet.

Ganz sicher werde ich es als Einzelner nicht schaffen, dass es nur noch artgerechte Tierhaltung und umweltverträgliche Landwirtschaft gibt. Aber ich habe es in der Hand, zumindest diejenigen zu unterstützen, die das schon praktizieren und sich dafür einsetzen. Und das schaffe ich am ehesten, wenn ich anfange die Worte meiner Mutter zu beherzigen: »Junge, geh nicht mit einem hungrigen Magen einkaufen.«

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