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Die Sehnsucht nach Sicherheit

Schau mal, das sieht doch nun richtig schön aus. Der Abstand der Briefmarke zum Rand des Kuverts ist oben und an der Seite identisch. Alle Zacken sind heile und zeigen im rechten Winkel nach oben beziehungsweise zur Seite. So muss es sein.

Du hältst mich für pedantisch?

Das bin ich ganz und gar nicht. Ich finde halt nur, dass eine sorgfältig aufgeklebte Briefmarke schöner aussieht, als wenn sie einfach nur schräg drauf geklatscht wurde. Außerdem sollen meine Kunden, wenn sie eine Rechnung von mir erhalten, sehen, dass ich selbst bei Kleinigkeiten sorgsam arbeite und mir Mühe gebe.

Klar, die sorgsam aufgereihten Stifte auf meinem Schreibtisch können meine Kunden nicht sehen. Aber trotzdem ist mir das wichtig. So erwische ich sogar ohne hinzuschauen den richtigen Stift. Auf der Tastatur meines PCs sind die Buchstaben und Zahlen ja auch alle sorgsam angeordnet und ausgerichtet. So kann ich zehn Finger blind schreiben und bin dabei richtig flott.

Nun gut, die auf dem Kopf gestellte und parallel zur Wand ausgerichtete Zahnpasta-Tube ist nun für meine Arbeit nicht wirklich erforderlich. Aber warum sollte ich denn plötzlich unordentlich werden, nur weil es nicht mehr um meine Arbeit geht? Das sehe ich nicht ein. So eine Ordnung das hat für mich schon etwas Beruhigendes. Da zeigt sich ganz deutlich, dass ich die Dinge im Griff habe, das gibt mir Halt. Solange ich die Kontrolle habe, geht halt alles seinen geregelten Gang und ich muss mir keine Sorgen machen. Das ist wichtig heutzutage.
Schau dich doch draußen mal um. Überall herrscht Chaos, fast schon Anarchie. Und damit meine ich jetzt nicht, dass Flüchtlinge zu uns kommen, das ist schon ok, sondern wie mit der Situation umgegangen wird. Da gibt es doch überall ein heilloses Durcheinander; keine klaren Linien, keine Struktur. Manchmal habe ich sogar den Eindruck, dass es den Verantwortlichen nicht wirklich um Lösungen geht, sondern darum sich oder die eigene Partei zu profilieren. Genauso sieht es auch auf anderen Gebieten aus: Energiewende, Steuerparadiese, TTIP und die Falschparker auf der Fahrradspur.

Da muss man etwas dagegen setzen. Da muss ich etwas dagegen setzen. Wenn ich da draußen schon nichts machen kann, dann muss ich wenigstens bei mir selber sehen, dass die Dinge geregelt von statten gehen.

Wie, du meinst ich übertreibe?

Stell dir mal vor, alle anderen wären genauso ordentlich und gewissenhaft und strukturiert wie ich, dann würde die Welt doch ganz anders aussehen. Klar, es gäbe immer noch ein paar unkalkulierbare Dinge, wie zum Beispiel das Wetter. Aber damit kämen wir dann schon zurecht. Ich verstehe einfach nicht, wie manche Leute so gedankenlos und uneinsichtig sein können, um das nicht genauso zu sehen, wie ich.

Was soll das heißen, wir sind halt alle anders?

Das soll wohl deine Entschuldigung für alles sein. Und was heißt hier, ich wäre ein Kontroll-Freak? Du treibst mich wirklich in den Wahnsinn. Nur weil ich gerne die Angelegenheiten, die mich beschäftigen im Griff haben möchte, bin ich doch kein Kontroll-Freak. In mir gibt es halt das Bedürfnis, die Dinge selbst regeln zu wollen. Dann wird nämlich meistens alles gut. Und nur weil du mir vorhältst, dass mein Drang zur Kontrolle meiner Sehnsucht nach Sicherheit entspringt, heißt das ja nicht, dass das verkehrt ist. Ich finde, dass das Gefühl von Sicherheit ein Urbedürfnis ist und eine Grundvoraussetzung für das Leben generell.

Wo soll ich denn sonst meine Sicherheit herbekommen? Etwa von dir?

War ja klar, dass du jetzt kommst mit »eine absolute Sicherheit gibt es nicht«. Das sagt der Innenminister auch ständig. Als ob das einen beruhigen könnte. Da verlasse ich mich lieber auf mich selbst. Du kennst ja den Spruch »Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser«. Ach je, wenn du so guckst und tief Luft holst, weiß ich was jetzt kommt. Jetzt fängst du gleich an von deinen Lieblingsleuten aus der Bibel zu erzählen. Von Abraham und Mose, von Jesus und Paulus. Alle waren sie vor Aufgaben gestellt, bei denen sie nicht die Kontrolle hatten. Sie alle kamen in ihrem Leben an einem Punkt, ab dem sie alles Alte hinter sich ließen und sich aufmachten in eine neue unbekannte Zukunft, mit ungewissem Ausgang. Das Einzige auf das sie vertrauten, war Gott und dass er sie begleitet. Er ist derjenige, an den wir uns mit unserer Sehnsucht nach Sicherheit wenden können. Denn Gott ist ja beständig. Er geht nicht weg, er bleibt da. Gott hat die Zusage gegeben, immer an der Seite der Menschen zu stehen. So begleitet er dich und mich. Und dass in allen Situation. Ganz egal ob es dabei um das Privatleben geht oder die Arbeit oder um unser gesellschaftliches Engagement. Gott ist bei uns, ist uns nahe. Wir können uns jederzeit an ihn wenden. Mit allem was uns bewegt, belastet oder auch freut. Und im Kontakt mit ihm gehen Unsicherheiten und Zweifel verloren. Gewinnen innere Ruhe und Zuversicht die Oberhand. Da kann kommen was will, nichts wirft uns dann aus der Bahn. Das ist eine Sicherheit, die keine grad aufgeklebte Briefmarke, keine wohlgeordneten Stifte und keine parallel ausgerichtete Zahnpasta-Tube geben kann.

Genau das, willst du mir jetzt sagen, nicht wahr?

Ok, dann leg mal los oder besser noch, gib mir doch einfach deine Bibel. Dann kann ich die Geschichten selber mal in Ruhe nachlesen. Vielleicht hast du ja Recht. Ich kann es ja mal wieder ausprobieren und sehen was passiert.

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